„Lieber Papa, liebe Mama, liebe Familie, liebe Freunde!“, das Licht ging wieder an und Leonie stand in der Mitte der Bühne. Sie hielt den Buchstaben X in der Hand.
„Sicherlich fragt ihr euch, warum es von mir einen Abschiedsbrief gibt, ich bin ja gerade einmal siebzehn Jahre alt. Das lässt sich ziemlich einfach erklären. Oma ist daran schuld!“
Ein leises Lachen ging durch das Publikum, denn jeder kannte die resolute, alte Dame, die Leonie meinte.
„Als Opa starb, war sie so traurig, dass es so schnell ging und er ihr keine Nachricht hinterlassen konnte.“ Das Schweigen im Saal bestätigte, dass die Zuschauer sie, Leonie, und ihre Großmutter verstanden, denn viele von ihnen hatten ähnliches erlebt. Leonies Großvater wurde bei der Flut getötet, als er mit seinen Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr verzweifelt versuchte, vom Wasser Eingeschlossenen das Leben zu retten.
„Nun ja, sie befahl regelrecht allen aus der Familie einen Abschiedsbrief zu schreiben und ihn regelmäßig zu aktualisieren. Was soll ich sagen, wenn Oma Emmi befiehlt, dann ist das Gesetz!“
Wieder machte sich eine leicht heitere Stimmung breit, denn genauso war Oma Emilia!
„Doch nun zu euch, lieber Papa, liebe Mama, liebe Familie, liebe Freunde…“
Danach hielt Leonie einen langen liebevollen Monolog, in welchem sie sich verabschiedete und all ihren Lieben viele Wünsche für die Zukunft mitgab.
Schluchzer und Lacher waren im Publikum zu hören.
„So ihr geliebten Menschen, ich wollte nicht gehen, aber aus irgendeinem Grund ist es nun einmal so. Deswegen“, Leonie hob das X an, während sie weitersprach, „XOXO!“
Nun schritt sie langsam zur Leinwand und heftete das X an. Danach drehte sie sich um, und beendete ihren Auftritt mit: “PS. Wofür XOXO steht? Für alle, die die älter als Zwanzig sind, es ist eine amerikanische Sitte unter den Jugendlichen so zu unterschreiben und steht für Hugs and Kisses, also für Umarmungen und Küsse.“
Und das Licht ging aus.