19 – I wie ICAN

Wenige Augenblicke später ging das Bühnenlicht wieder an.
Diesmal stand Jonas zum Referat vor der Klasse.
Cosima saß weiterhin als Frau Felsenkirchen an ihrem Pult und die restliche Klasse saß an ihren Plätzen.
Ein Lichtspot strahlte den Buchstaben I an der Buchstabenwand an.
„I wie ICAN.“, begann Jonas seinen Vortrag. „ICAN, International Campaign to Abolish Nuclear Weapons, Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen.“
Der Lichtspot ging wieder aus.
„Im Jahre 1896 experimentierte der französische Physiker Henri Becquerel mit Uransalzen. Am 1. März 1896 entdeckte er eine Strahlung, obwohl kein Licht auf sein Experiment gefallen war. Becquerel hatte die Radioaktivität entdeckt. Zwei Jahre später, 1898, entdeckten Marie und Pierre Curie die ersten radioaktiven Elemente, Polonium und Radium. Sie erhielten den Nobelpreis für Physik dafür und später wurde Marie Curie, Pierre war bereits verstorben, der Nobelpreis für Chemie verliehen. Leider konnte Marie ihn nicht selbst in Empfang nehmen, verstarb sie doch am 4. Juli 1934 an einer aplastische perniziöse Anämie, einer Erkrankung, von der man vermutet, dass sie durch langjährigen Umgang mit radioaktiven Elementen entsteht. Marie Curie prägte übrigens den Begriff radioaktiv, welche sie aus den lateinischen Begriffen radiare und activus zusammensetzte und was so viel heißt wie Strahlungstätigkeit.
Im Jahre 1905 gelang Albert Einstein die Ausarbeitung seiner Relativitätstheorie, doch nicht deshalb gilt er als einer der Väter der Atombombe. Später wird Albert Einstein sagen: Ich habe einen schweren Fehler in meinem Leben gemacht – als ich den Brief an Präsident Roosevelt mit der Empfehlung zum Bau von Atombomben unterzeichnete; aber es gab eine gewisse Rechtfertigung dafür – die Gefahr, dass die Deutschen welche bauen würden.
In Berlin entdeckten im Dezember 1938 der deutsche Chemiker Otto Hahn und sein Assistent Fritz Straßmann die Kernspaltung von Uran. Angetrieben von dieser Entwicklung und der Angst vor dem erstarkendem Nationalsozialismus in Deutschland unterzeichnete unter anderem auch Albert Einstein im August 1939 einen von dem ungarisch-deutsch-amerikanischen Physiker und Molekularbiologe Leó Szilárd verfassten Brief an den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt. In diesem wurde vor der Gefahr eines „neuen Bombentyps“, den Deutschland entwickeln könnte, gewarnt. Geheimdienstberichte schienen diese Annahme zu stützen und so wurde die Entwicklung einer Atombombe beauftragt. Auch wenn Albert Einstein nicht am sogenannten Manhattan-Projekt beteiligt war, soll seine Unterschrift den Ausschlag für dieses gegeben haben.
Albert Einstein äußerte einst: Wenn ich gewusst hätte, dass es den Deutschen nicht gelingen würde, die Atombombe zu konstruieren, hätte ich mich von allem ferngehalten.
Und selbst kurz vor seinem Tod nennt er den Brief aus dem Jahre 1939 den größten Fehler seines Lebens.
Am 6. August 1945 kam in Hiroshima Little Boy und 9. August 1945 in Nagasaki Fat Man zum Einsatz. Little Boy besaß eine Sprengkraft von etwa 13.000 Tonnen TNT und Fat Man von etwa 21.000 Tonnen TNT. Die beiden Atombomben sind bisher die einzigen, die jemals in einem Krieg zum Einsatz kamen. Die Atombombenexplosionen töteten in den beiden Städten etwa 100.000 Menschen sofort, bis Ende 1945 starben noch weitere 130.000 Menschen an den Folgeschäden. Wie viele Menschen bis heute aufgrund der Abwürfe verstorben sind, ist unbekannt.“
Jonas machte eine kurze Pause, um seine Aussagen im Publikum wirken zu lassen.
Der Mensch erfand die Atombombe, doch keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren, ein weiteres Zitat von Einstein.
Am 16.07.2020 wurde festgestellt, dass es knapp 13.400 Atomwaffen weltweit gibt. Die beiden militärischen Supermächte USA und Russland haben davon jeweils rund 6.000 Atomsprengköpfe in ihrem Besitz.
Jeder dieser Atomsprengköpfe hat schätzungsweise eine Sprengkraft von 200.000 Tonnen TNT. Dies ergibt zusammen eine geschätzte Sprengkraft von 2.600.000 Tonnen TNT.
Vergleichen kann man die Wucht einer solchen Explosion am besten mit dem Vulkanausbruch in Krakatau, 1883, welcher als der einer der größten und tödlichsten Vulkanausbruch der Menschheitsgeschichte gilt und bei welchem nicht nur die gleichnamige Insel zerstört wurde. Jedoch müsste man die Kraft des Vulkanausbruchs mal dreizehn nehmen, denn eine solche Zerstörung würden die 13.400 Atombomben hervorrufen. Man könnte aber auch sagen, sie haben die 77fache Sprengkraft der Bomben von Hiroshima und Nagasaki.“
Wieder ließ Jonas seine Worte in einer kurzen Pause wirken.
„2007 wurde ICAN bei der Konferenz des Atomwaffensperrvertrags in Wien ins Leben gerufen. 2011 gab es bereits 200 Mitgliedsorganisationen in 60 Ländern und 2017 waren es 468 Organisationen in 101 Ländern.
ICAN wollte nicht nur auf die Gefahr hinweisen, welche von den damals 27.000 aus dem Kalten Krieg verbliebenen Atomwaffen ausging. Zu einem der Hauptziele gehört die weltweite Abschaffung von Atomwaffen.
Am 22.01.2021 erließen die Vereinten Nationen, auf Betreiben der ICAN, ein weltweites Verbot von Atomwaffen. Diesen Vertrag unterzeichneten bereits 84 Länder und über 50 Parlamente ratifizierten ihn. Es fehlen allerdings die Unterschriften der Atommächte und der Mitgliedstaaten der NATO, darunter auch Deutschland.
Albert Einstein mag einer der klügsten Köpfe der Welt gewesen sein, doch muss ich ihm widersprechen. Er sagte: Ich bin mir nicht sicher mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.
Wenn es jemals zu einem atomaren 3. Weltkrieg kommt, dann wird es danach sicherlich noch Steine und Stöcke geben, aber keine Menschen mehr, die sie benutzen können.“
Und das Bühnenlicht erlosch.

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