Schabende Geräusche klangen von der dunklen Bühne.
Nach etwa zwei weiteren Minuten ging das Bühnenlicht wieder an.
Leonie trat erneut auf die Bühne. Sie trug den Buchstaben C.
„C wie Chemie.“, sagte sie und brachte den Buchstaben an der Buchstabenleinwand an.
Auf der Bühne zeigten die Leinwände Bilder von Oma Emmis Wohnzimmer und es standen zwei urige Sessel in der Mitte. Und auf den Sesseln saßen links Vicky, wieder als Oma Emmi verkleidet und rechts Oma Emmis kleiner Mischlingshund Piotr.
Vicky saß Zeitung lesend auf dem Sessel.
„So ein Kasperletheater denkste dir doch im Leben nicht selber aus, Piotr!“, begann Vicky wie schon zuvor ihren Auftritt. „Aluminium in Deosprays steht unter Verdacht, giftig zu sein, Titandioxid in Lebensmitteln soll man meiden, weil es wahrscheinlich krebserregend ist!“
Piotr hatte seinen Kopf auf seine Pfoten gelegt und spitzte die Ohren, ganz als würde er Vickys Rede verstehen.
„Zu meiner Zeit gab es dieses komische Titandioxid in keinem Lebensmittel! Wir haben die Kirschen vom Baum gegessen, ohne sie vorher zu waschen! Und die Wurst war täglich frisch vom Metzger an der Ecke und nicht mit Konservierungsstoffen verunreinigt! Wurst sollte nicht einen Monat haltbar sein, sondern lecker!“
Vicky faltete die Zeitung zusammen und legte sie sich auf den Schoß.
„Stell dir vor, Piotr, da war doch letztens einer von den Jungs da, na hier von denen, die immer hier herumrennen. Auf die Nase gefallen war er. Das Knie hat er sich blutig geschlagen und ein bissel am Ellenbogen was aufgeschabt. Ob ich was zum Desinfizieren hätte und einen sterilen Verband, wollte der Kleine wissen!“, Vicky schnaubte abfällig, ganz wie Oma Emmi.
Gebannt und amüsiert hörte das Publikum zu.
„Ich hab ihn ins Bad gebracht und gezeigt, wie wir das zu meiner Zeit geregelt haben. Da gab es nämlich das ganze chemische Zeugs noch nicht und wir haben trotzdem überlebt! Jedenfalls holte ich einen frischen Waschlappen und wusch dem Kleinen die Wunden aus. Danach sollte er sie an der Luft trocknen lassen, mit diesem Pflasterzeugs dauert es immer so lange bis sich Grind bildet. Und keine Chemie drauf schmieren, habe ich ihm gesagt, und den Grind nicht abpullen, sonst gibt es Narben. Glück hatte er trotzdem, der Sturz war im Juli und ich hatte frische Arnika-Salbe von der Kräuterfrau da. Einen Tag später war ein ordentlicher Grind auf den Wunden und nichts hatte sich entzündet! Piotr, du weißt, ich habe nichts gegen die Medikamente und so, denke nur mal an meine Blutdruckpillen. Doch wir sollten ein wenig zurück zur Natur. Als ich mir den Fuß verstaucht habe, die homöopathische Salbe war jeden Cent wert! Warum muss Wurst oder andere Lebensmittel so lange haltbar sein? Wenn man nur produzieren würde, was auch verbraucht wird, würden vielleicht auch nicht so viele Lebensmittel weggeschmissen werden. Sicher hilft manchmal nur Chemie, aber oftmals würden pflanzliche Mittel genauso gut sein.“
Vicky wartete einen kurzen Moment und sprach dann weiter.
„Was hilft zum Beispiel bei einem heftigen Kater, Piotr?“
Der Hund winselte kurz, ganz als würde er die Antwort wissen.
„Richtig! Rollmops und Kaffee mit Zitrone oder nicht über den Durst trinken!“
Als das Publikum lachte, nahm Vicky wieder ihre Zeitung und las weiter.
Diesmal fiel der Bühnenvorhang und das Bühnenlicht blieb an.