26 – D wie Danke

Als das Bühnenlicht wieder anging, stand die elfte Klasse aneinander gereiht auf der Bühne. Sie hatten die Arme hinter ihrem Rücken verschränkt.
Felix stand vor seinen Klassenkameraden und wurde von einem Lichtspot angestrahlt, während die anderen im Halbdunkel standen.
„Du diskutierst die drastische Darstellung dieser Dramen?“ sagte Felix laut. Der Lichtspot erlosch, Felix drehte sich um und reihte sich ein.
Das Bühnenlicht wurde hell. Hinter den Schülern war die fast vollständige Buchstabenwand zu erkennen. Und außer Oma Emmi und Piotr, welche noch in ihren Sesseln saßen, war die Bühne leer.
Hannah stand als Erste in der Reihe. „Wir haben lange überlegt, was wir mit dem letzten, übriggebliebenen Buchstaben anstellen sollen. Ein Vorschlag war alles in Worten, welche mit D beginnen, zu erzählen. Doch mehr als diesen einen, halbwegs vernünftigen Satz bekamen wir nicht zusammen.“, sagte sie.
Leises Lachen erhob sich aus dem Publikum.
„Frau Schneider hatte uns die Aufgabe gestellt, mit Hilfe der 26 Buchstaben des Alphabets unsere politische und allgemeine Sichtweise aufzuzeigen. Und nach ewigen Diskussionen fanden wir die für uns 25 wichtigsten Themen.“, sprach der neben ihr stehende Jonas weiter
„Da jeder von uns eine andere Meinung zu den einzelnen Themen hat, entschieden wir uns für diese, gerade gezeigte Vortragsweise, natürlich auch erst nach einer halben Ewigkeit.“, fügte Jonas Nachbar Albrecht hinzu.
„Es gab noch viele andere Themen, die wir hätten nehmen können, die uns interessieren, erschrecken oder faszinieren. Z.B. das Schicksal von Straßenkindern, die tagtäglich für ihr Überleben hart kämpfen müssen und es trotzdem selten aus diesem Teufelskreis schaffen.“, sagte Gudrun, als Nächste in der Reihe.
„Oftmals ist ihr Schicksal begründet auf Drogen und dem Abrutsch, der ihnen unweigerlich folgt. Doch aus welchem Grund nimmt jemand Drogen und warum kommt er nicht mehr davon los?“, ergänzte Kevin.
„Aber auch häusliche Gewalt kann ein Grund sein, für das Leben auf der Straße. Diese trifft aber nicht immer nur Frauen oder Kinder. Auch Männer erfahren häusliche Gewalt, auch Männer werden vergewaltigt.“, sagte Cosima.
„Warum ergeben wir uns immer den Begriffen Mann, Frau oder divers? Sind wir nicht alle eine Spezies? Hat nicht jeder von uns Stärken und Schwächen? Macht das nicht eine starke Gesellschaft aus, dass jeder seine Vorzüge einbringt und die Schwächen des anderen damit ausgleicht, egal wer, wie, was er, sie oder es ist?“, sprach Fred weiter.
„Wir hätten über Shopping reden können. Nicht das „ich gehe einkaufen“-Shopping, nein über die Sucht, alles haben zu wollen, ohne auf die Kosten und Konsequenzen zu achten.“, sagte Melanie als Nächste.
„Auch Cyberkriminalität gehört mit auf die Liste. Ebenso wie die Nutzung von sozialen Netzwerken und wie wir uns dort exponieren.“, Kenny las das von einem Zettel ab und erntete einige Lacher aus dem Publikum.
„Wir wollten auch über Menschen sprechen, die so verzweifelt sind, dass sie ihrem Leben selbst ein Ende setzen. Doch beließen wir es dann bei dem Thema Einsamkeit.“, sagte Felix als Nächster in der Reihe.
„Auch Schönheit gehört zu unserem Leben. Wer hat die schicksten und teuersten Klamotten, wer ist am besten geschminkt?“, Dora war an der Reihe.
„Computerspiele und den ganzen Tag zocken.“, ergänzte Rena.
„Unser Verhältnis zu unseren Eltern.“, meinte Ben.
„Es gibt noch so viele Themen, doch nur 26 Buchstaben. Wir hoffen, unsere Auswahl hat seinen Zweck erfüllt. Wir wollten Sie zum Nachdenken animieren. Wir wollten, dass Sie mit uns Lachen und Weinen.“, sagte Siegfrieda.
„Wir wollten Sie faszinieren und schockieren. Wir wollten Ihnen unsere Ängste, Freuden, Gefühle und Gedanken nahe bringen.“, die Nächste war Mirabelle.
„Dafür hatten wir auch sehr viel Unterstützung von Ihnen, denn wir mussten unseren „Jugendslang“ ja in „Ihre Sprache“ übersetzen.“, meinte Guido als Vorletzter.
„Wir freuen uns über Ihre Aufmerksamkeit und über Ihren Applaus. Es war eine krasse Reise, auf der Sie uns die vergangenen Stunden gefolgt sind. Für den letzten Buchstaben D fiel uns aber nur ein Thema ein.“, sagte Leonie, welche als Letzte in der Reihe stand.
Alle Schüler hoben nun jeweils einen Buchstaben D hoch, welchen sie hinter ihren Rücken versteckt hatten, und sagten gleichzeitig: „D wie Danke!“.
Und das Bühnenlicht erlosch.

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