Meine liebste Lady Sherly,
ich muss diese Zeilen heute an Dich schreiben, denn ich langweile mich schlicht und ergreifend.
Du warst die Einzige, mit der ich mich jemals messen konnte.
Gut, Lord Gadwington ist nicht ganz schlecht, aber fehlt es ihm an Deinem Scharfsinn und Deiner Hartnäckigkeit.
Ach, wie vermisse ich die Zeiten, als es nicht klar war, ob Du oder ich den Coup gewinnen werden.
Mir fehlt die Herausforderung, Scotland Yard ist so unfähig. Und Dein Bruder Sherlock ist wieder einmal mit unbekanntem Ziel verreist.
Ich muss Dich deswegen auffordern zurück nach London zu kommen. Dafür gebe ich Dir zwei Monate Zeit.
Kläre Deine Angelegenheiten an diesem langweiligen Fleckchen Erde und komme danach zu mir zurück.
Ich werde Dir doch nicht drohen müssen?
Deine liebste Feindin Lady M.
PS. Und noch ein kleiner Rat. Du solltest dann in London verbleiben, sonst muss ich Dich hart bestrafen.
Ups, jetzt drohe ich Dir ja doch…
Diese Zeilen erreichten Lady Sherly, nachdem sie vom geplanten Tanztee bei Lady Woodleyghton auf ihren Landsitz in Wales zurückgekehrt war.
Eigentlich hatte Lady Sherly mit Detektiv Hill und Lord Anthony Gadwington weiter nach der verschwundenen Zofe Alice suchen wollen. Sie hatten gute Ermittlungsansätze durch die Bibel gewonnen, welche sich unter den zurückgelassenen Sachen der Diebin befand. Doch nun würde sie wohl umplanen müssen.
Der Brief hatte über einen Monat benötigt, um sie zu erreichen und so verblieben ihre gerade einmal gute drei Wochen, um ihre Angelegenheiten zu regeln und nach London zurückzusiedeln.
So schrieb Lady Sherly einen langen Brief mit den Ergebnissen ihrer Recherchen an Detektiv Hill.
In den 1870iger Jahren gab es in Glasgow in der North Albion Street eine Druckerei, aus welcher die Bibel stammte. In Lady Sherlys Bibliothek gab es zwei verschiedene Exemplare aus diesem Verlag.
Durch den Abbau von Kohle und Eisen, die Baumwoll- und Textilindustrie und die perfekte Lage am Fluss Clyde war Glasgow zu einer reichen Stadt geworden. Menschen aus aller Herren Länder zog es nach Schottland, um sich dort niederzulassen. Allerdings wuchs die Bewohnerzahl schneller, als dass Unterkünfte gebaut werden konnten. Es gab kaum Wohnraum für die arbeitende Bevölkerung, geschweige denn für junge Familien. Die Vermutung lag nah, dass Alice in Glasgow geboren wurde, die Familie jedoch später nach London übersiedelte.
Der Goldschmied, zu welchem Alice ihr Diebesgut gebracht hatte, musste vom Alter und der Beschreibung her, ein Verwandter der jungen Frau gewesen sein. Da es nur wenige solch hervorragende Goldschmiede gab, war auch dies eine gute Spur, welche es wert war, ihr zu folgen.
Ein wenig fühlte sich Lady Sherly bei dem gefälschten Schmuck an die frühen Arbeiten von Peter Carl Fabergé erinnert, mit einem Hauch der Techniken von Louis-François Cartier.
Lady Sherly wäre zu gern selbst nach Glasgow gereist, um nach Spuren von Alices Familie zu suchen. Jedoch hätte sie von ihrem Anwesen in Wales für die Reise mindestens drei bis vier Tage benötigt. Von London aus, hätte sie binnen eines Tages mit der London and North Western Railway bis nach Carlisle reisen können. Und von dort wäre sie mit der Caledonian Railway bis nach Glasgow gelangt. Doch ihr walisisches Anwesen lag fast zwei Tagesritte vom nächsten Bahnhof entfernt. Die Entfernung von knapp 70 Meilen konnte man ja schlecht in ein paar Stunden meistern…
Lady Sherly hoffte wenigstens in London genügend Zeit zu finden, um nach weiteren Spuren von Alice zu suchen. Die Vermisste musste eine gute Ausbildung genossen haben, denn lesen zu können, war auch Ende des 19. Jahrhunderts keine weitverbreitete Fähigkeit. Ebenso deren Reitkünste wiesen auf eine höhere Bildung der Zofe hin.
Zu diesen einfachen Schlüssen würde Detektiv Hill vermutlich ebenso gelangt sein, nichtsdestotrotz verfasste Lady Sherly ihren Brief.
Das Auffinden Alices und ihres Komplizen wäre ein amüsanter Zeitvertreib geworden, jedoch der Gedanke sich wieder mit Lady M. messen zu können, bereitet Lady Sherly eine wesentlich größere Freude.
Natürlich unterschätzte sie ihre Feindin keineswegs, denn Lady M. war ihr durchaus ebenbürtig. Vermutlich hätte sogar ihr Bruder seine Freude an dem Kräftemessen mit ihrer Intimfeindin.
Lady Sherly hatte beschlossen den Brief von Lady M. für sich zu behalten und verwahrte ihn in ihrer Schmuckschatulle.
Sonst würden sie ihre Freunde Lady Gretchen und Lord Miles vermutlich keine Minute mehr aus den Augen lassen.
Lord Anthony würde sie bestimmt in einem kleinen, unbekannten Dorf am Ende Europas verstecken wollen.
Und an Jack, Melissa und all die anderen mochte Lady Sherly gleich gar nicht erst denken.
Ach ja, Jack und Melissa, da bahnte sich gerade etwas an. Eine durchaus freudige Entwicklung nach all dem Ungemach, welches Melissa hatte erdulden müssen…
Jack haderte seit Tagen mit sich, doch endlich hatte er sich durchringen können.
Er würde seine Lady jetzt aufsuchen und die schwerste Aufgabe seines Lebens erfüllen.
Lautlos betrat er die Bibliothek des Londoner Herrenhauses, welche Lady Sherly gern auch als Büroraum nutzte.
Sie saß über ihre Bücher gebeugt, ganz vertieft in die unendlichen Zahlenkolonnen.
Jack spürte, wie ihm die Augen feucht wurden. Jedoch musste er an Isabell und Josie denken und Georg und die Jungen!
Jack war kein besonders gläubiger Mensch, er glaubte an harte Arbeit und das eigene Geschick. Aber ganz so, als würde Gott ihm seine Allmacht beweisen wollen, hatte ihm das Schicksal in den letzten Wochen ein schweres Los auferlegt.
Bevor ihn erneut die Zweifel übermannten, die ihn seit Tagen quälten, würde er es jetzt tun. Ja, jetzt. Sonst verließ ihn der Mut.
Lady Sherly hatte Jack bemerkt, trotz, dass er sich wie immer völlig lautlos bewegte. Sie hatte in den letzten Tagen gespürt, dass ihn irgendetwas umtrieb.
Augenscheinlich befand er sich in einem inneren Konflikt und sie wollte ihn nicht damit beleidigen, in dem sie ihm die Möglichkeit nahm, dies von sich aus anzusprechen.
Jack trug seine neuen Reitstiefel, ganz so, als würden diese ihm Kraft verleihen.
Sein Gesicht wirkte hager, seine Augen trüb und seine Gestalt gramgebeugt.
„Mylady, ich kündige hiermit meine Stellung.“, platzte der Butler nun direkt mit seinem Anliegen heraus. „Ich werde Euch noch einen Nachfolger empfehlen und diesen einweisen, wenn Ihr das wünscht. Ich kann aber auch sofort Euer Haus verlassen.“
Jack war unterdessen bis auf wenige Schritte an Lady Sherlys Schreibtisch herangetreten und wartete gebannt auf die Reaktion seiner geliebten Herrin. Solch eine Ladyschaft, so liebevoll und mitfühlend, immer die Ihren beschützend, würde er niemals wieder finden.
Lady Sherly legte ganz langsam ihren Füllhalter beiseite und setzte sich in eine aufrechte Position.
„Und warum willst du auf einmal deine Stellung hier aufgeben?“, fragte Lady Sherly mit sanfter Stimme ihren Butler.
Jack räusperte sich kurz, bevor er anhob mit leiser Stimme zu erzählen.
In Cilfynydd, in der Kohlenmine Albion Colliery hatte es vor etwas mehr als einem Monat ein Grubenunglück gegeben, bei dem 290 Kumpel den Tod fanden. Unter den Opfern befanden sich Jacks Bruder Georg und dessen vier Söhne. Die 10jährige Tochter Josie überlebte, da sie nicht mit in die Grube einfahren durfte, und seine schwangere Schwägerin ebenfalls. Diese war daheim geblieben, um sich um die Tochter zu kümmern.
Nun war es an ihm, Jack, dem letzten lebenden Verwandten, sich um die bald zwei Kinder und die Witwe zu kümmern. Dies hatte ihn sein Bruder vor langer Zeit schwören lassen. Also müsse er, Jack, nun nach South Wales und die Witwe heiraten. Da er dies noch mitten in der vorgeschriebenen Trauerzeit tuen würde, müsse er seine Stelle im Hause Holmes aufgeben, damit dieses nicht mit diesem Skandal in Verbindung gebracht werden konnte.
Lady Sherly hörte sich diese schreckliche Geschichte bis zu Ende an und unterbrach ihren Butler nicht ein einziges Mal.
„Ich werde über dein Anliegen nachdenken und dir morgen meine Entscheidung bekannt geben.“, mehr sagte Lady Sherly nicht, bevor sie scheinbar unbeteiligt ihren Füllhalter aufnahm und sich wieder ihren Zahlen widmete.
Ja, manchmal war seine Lady ihren Brüdern ähnlicher, als ihr bewusst war. Jack wusste nicht mit welcher Reaktion er gerechnet hatte, aber diese versetzte ihm einen heftigen Stich ins Herz.
Sobald Jack die Bibliothek verlassen hatte, erhob sich Lady Sherly und eilte in ihre Gemächer.
„Jack? Jack?“, panisch rief Melissa nach dem Mann ihres Herzens. Etwas Furchtbares war geschehen, würde geschehen…
Jack hatte ihr bereits von Isabell, Josie und dem ungeborenen Kind berichtet und auch über seine Pläne für die Zukunft. Melissa war das Herz gebrochen und so sehr sie diesen Mann für die Treue seiner Familie gegenüber liebte, so sehr verfluchte sie die Besitzer der Kohlenmine, welche zweifelsohne Schuld an diesem Unglück trugen. Eine Schlagwetterexplosion vermutete Jack, doch die Untersuchungen zum Grubenunglück liefen noch. Auch wenn die Minenarbeiter bereits zwei Wochen nach dem Unglück wieder einfuhren…
„Jack? Wo bist du?“, Melissa hatte bereits die oberen Stockwerke durchsucht und war nun im Erdgeschoß angelangt.
„Liebes, was ist denn los?“, Jack rannte, so schnell er konnte, herbei. Beruhigend legte er seinen Arm auf Melissas. „Was ist denn los?“
„Jack, etwas Schreckliches ist passiert, nein, wird passieren, nein…“, Melissa atmete zweimal tief ein und aus, bevor sie wieder anhob zu sprechen. „Lady Sherly bat mich ihre Reitsachen herauszulegen, ihre Männerreitsachen und eine kleine Tasche mit Bekleidung für mehrere Tage zu packen. Danach sollte ich ihr ein Bad richten und während ich dieses vorbereitete, ist sie verschwunden. Sie hat eine Nachricht hinterlassen, dass ich ihren Schmuck in die Schatulle legen soll, und ich solle mir keine Sorgen machen, in einigen Tagen wäre sie wieder da.“
Jack packte Melissa an den Armen und zog sie mit zum Stall. Dort rief er nach dem Stalljungen und seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich. Lady Sherly war mit einem Diener zu einem unbekannten Ziel aufgebrochen.
„Das Schlimmste weißt du aber noch gar nicht!“, flüsterte Melissa, als sie Jack einen Brief überreichte.
Jack wurde beim Lesen erst rot, dann blass.
Binnen weniger Minuten hatte er Melissa zurück in das Herrenhaus gebracht, sich ein Pferd satteln lassen und war nun auf dem Weg zu Scotland Yard.
Melissa hatte einen Brief in Lady Sherlys Schmuckschatulle gefunden, einen Brief von Lady M..
„Wie kann sie nur so närrisch sein! Und dann auch noch ohne ausreichenden Schutz!“, brüllte Lord Anthony Gadwington, als er den Brief von Lady M. gelesen hatte. „Und wieso hat diese infame Person nicht wenigstens Euch mitgenommen, Mr. Williams?“
Der Angeschriene zuckte nicht einmal zusammen. Auch er wollte schreien und toben, denn er wusste sich keinen Reim auf das Verhalten seiner Ladyschaft zu machen.
„Was wollen wir jetzt tun?“, fragte er stattdessen Lord Gadwington in einem ruhigen Ton.
Lord Anthony brauchte einige Augenblicke, um sich zu sammeln. Es machte ihn wütend, wie leichtfertig dieses Weibsstück sich in Gefahr gebracht hatte. Und es erschreckte ihn, wie groß seine Sorge um Lady Sherly war. Doch das alles würde nichts an der Situation ändern.
So erdachten die beiden Herren sich einen Plan, um Lady M. zu täuschen.
Melissa sollte die nächsten Tage als Lady Sherly ausgegeben werden. Mit großen Hütten, Halbschleiern und diversen Schals konnte man Melissas Gesicht gut verdecken. Lord Anthony würde sie natürlich begleiten, alles unter den wachsamen Augen von Jack. Es sollte die Illusion entstehen, dass Lady Sherly weiterhin in London weilte.
Letztlich weihte Lord Anthony auch seine Schwester Lady Gretchen und deren Verlobten Lord Miles Saundersburgh in den Plan ein, welche ihn sofort nach besten Kräften unterstützen.
Nach zwei Wochen hatte Lady Sherly fast alle ihre Pläne ausgeführt. Nun konnte sie nach London zurückkehren, denn der Rest würde sich von selbst klären.
Natürlich war sie sich der Gefahren bewusst gewesen und sie wusste auch, dass Lady M. über ihre Abwesenheit erfahren haben musste, doch war es dies wert gewesen.
Nun ja, eigentlich hatte sie gar nicht solange abwesend sein wollen, aber Isabell Williams war genauso ein harter Brocken wie ihr Schwager Jack.
Lady Sherly hatte außerdem die Untersuchungen gegen die Albion Coal Company wegen des Minenunglückes vorangetrieben. Leider kamen der Manager und der Aufseher mit Geldstrafen von nur 10 und 2 Pfund davon. Damit konnte keiner der hinterbliebenen Familien wirklich geholfen werden.
Lady Sherly musste Mrs. Williams fast drei Tage lang überreden, bis die junge Witwe bereit war, auf den Holmschen Landsitz überzusiedeln und sich dort ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
Letztlich war die in Aussicht gestellte Schulbildung für Josie und das ungeborene Kind das ausschlaggebende Argument gewesen, um Mrs. Williams umzustimmen.
Selbstverständlich half Lady Sherly der hochschwangeren Mrs. Williams noch den Umzug vorzubereiten und das wenige Hab und Gut, welches mit auf den Landsitz sollte, sicher zu verpacken.
Müde und abgeschlagen brachte Lady Sherly gerade ihr Pferd zu ihrem Stall in London, als auf einmal Lady Gretchen, Lord Miles und Lord Anthony vor ihr standen. Im Hintergrund gewahrte Lady Sherly ihre besorgte Dienerschaft, allen voran Melissa und Jack.
Während die beiden Lords mit Schimpfen und Vorhaltungen nicht sparten, ergriff Lady Gretchen ihre liebste Freundin am Arm und führte sie an den Herren vorbei ins Haus.
Gemeinsam mit Melissa brachte Lady Gretchen Lady Sherly in ihre Gemächer und versorgten sie dort.
Nachdem Lady Sherly sich säubern, in frische Gewänder schlüpfen und ein leichtes Mahl zu sich nehmen konnte, sagte Lady Gretchen leise: „Meine Schelte gibt es morgen, jedoch schlaf erst einmal ein wenig.“ Mit diesen Worten verließ sie ihre Freundin.
Am nächsten Morgen begab sich Lady Sherly ausgeruht und erholt in ihre Bibliothek. Sie bat ihr Dienstmädchen Sophia sie zu begleiten. Mit diversen schriftlichen Anweisungen lief Sophia eine Stunde später in die Küche. Mehrere Dienstboten wurden ausgesandt, um die Wünsche der Ladyschaft zu erfüllen.
Als Jack versuchte mit Lady Sherly zu sprechen, wich sie ihm aus. Ebenso verfuhr sie mit Melissa.
Nach dem Mittagsessen ließ sich Lady Sherly eine Kutsche richten und begab sich zu ihrer Freundin Lady Gretchen Gadwington. Danach würde sie Lord Miles und Lord Anthony aufsuchen, sie musste immerhin einiges erläutern und jede Menge Abbitte leisten.
Die beiden Herren waren glücklicherweise bei Lady Gretchen zugegen und so musste Lady Sherly ihre Geschichte nur einmal wiedergeben.
„Und den Brief von Lady M. verheimlichst du uns also immer noch.“, warf Lord Miles nach Lady Sherlys Ausführungen ein. Sein leicht knurrender Unterton verriet nicht nur seine Anspannung, sondern auch seine unterdrückte Wut.
Einige Wortgefechte und Schuldzuweisungen später hatten sich die vier Herrschaften wieder beruhigt.
Lady Sherly musste schwören, dass sie ab sofort nie wieder etwas verheimlichte, vor allem, wenn es Lady M. betraf.
‚Nie wieder ist eine kurze Zeitspanne…‘, sinnierte Lady Sherly während der Zeremonie vor sich hin.
Sie wollte dem Brautpaar an diesem wundervollen Tag keine Sorgen bereiten und ebenfalls nicht ihren anderen Freunden.
Lady M. hatte wieder einen Brief geschrieben.
Darin stand, das Lady M. hatte verstehen können, dass sie, Lady Sherly, für die Ihren einstand, jedoch hatte sie auch gegen Lady M.s Anweisung, in London zu bleiben, verstoßen. Letztlich würde deswegen Lady Sherly eine harte Strafe zu erwarten haben.
Das Brautpaar hatte soeben die Zeremonie beendet. Freudestrahlend schwebte die Braut in einem wunderschönen elfenbeinfarbenen Spitzenkleid am Arm ihres Bräutigams an den Gästen vorbei. Welch ein bezaubernder Anblick!
Genieße die Hochzeit!
Der Tag danach könnte dir so gar nicht gefallen!
Diese Worte in Lady M.s Brief hatten sich in Lady Sherlys Gedächtnis gebrannt.
Die Braut bat alle ledigen Frauen, sich zu versammeln. Ein neumodischer Brauch aus der neuen Welt, den Vereinigten Staaten von Amerika, sollte festlegen, wer die nächste Braut sein würde.
Dafür stellte sich die Braut mit dem Rücken zu allen ledigen Frauen und warf das wunderschöne Brautbouquet über den Kopf in die Menge. Die Frau, welche diesen Strauß fing, würde als Nächste zum Traualtar schreiten.
Lady Sherly mochte derlei Kram so überhaupt nicht, jedoch bewegte sie sich automatisch mit den anderen Damen, um ihre düstere Stimmung zu verschleiern.
Dem aufgeregten Geschnatter und Gezeter der Damen folgte eine atemlose Stille.
Lady Sherly schaute zuerst zu dem Blumenstrauß in ihren Händen und dann zu der strahlenden Braut, deren Blick verriet, dass diese genau gezielt hatte.
Lauthals lachend beglückwünschte Jack seine frisch angetraute Melissa mit einem liebevollen Kuss zu diesem hervorragenden Wurf.