
Ich schien zu schweben.
Es waren keine Wolken, aber ich fühlte mich schwerelos.
Auch wenn es keinen Sinn ergab, ich hatte das Gefühl, als würde ich im Bruchteil einer Sekunde feststecken.
Kaleidoskopartig sah ich Bruchstücke aus meinem Leben.
Ein kleiner Junge, der wild durch den Garten seiner Eltern tobte, wenn sein Vater nicht im Haus war.
Ein gestrenger Vater, welcher jede noch so kleine öffentliche Gefühlsregung schwer bestrafte.
Eine liebe, sanfte Mutter, die Tränen trocknete und Wunden heilte.
Eine kleine, zarte Schwester, die es vor den Nachbarsjungen zu schützen galt und die zur willensstarken Schönheit heranwuchs.
Ein Einwohner der Stadt, welcher öffentlich Seppuku beging, obwohl es nun schon seit einigen Jahrzehnten verboten war.
Und dazwischen immer wieder Szenen, in welchen ich zu demselben skrupellosen und hartherzigen Unternehmer erzogen wurde, wie mein Vater von seinem Vater.
Dann erschien sie, Suzu. Eine zierliche Morgenröte, deren wundervoller Schein mein Herz erwärmte und den Stein wieder zum Leben erweckte. Ich wollte sie, nur sie. Und ich setzte all meine Gewissenlosigkeit ein, um sie zu bekommen. Aus der Morgenröte wurde an meiner Seite eine strahlende Rose, wurde meine Frau.
Mein Vater, Daisuke, starb und ich musste die Firma übernehmen. Ich kannte nur noch mein Büro und mein Bett. Das führte zu Streit zwischen mir und Suzu.
Wieder einmal musste ich verreisen, aber es ging nur mit einem Schiff, einem Dampfschiff. Suzu wollte mit, aber ich verbot es ihr. Es wurde der größte Streit unserer Ehe und meine Morgenröte wurde zum bösartigen Taifun. Tagelang tobte der Sturm zwischen uns, doch in der Nacht vor meiner Abreise versöhnten wir uns zärtlich und liebevoll.
Und jetzt schwebte ich wieder. Aber es war kein Wohlgefühl, was mich umfing. Es war kalt, nein eisig. Es war dunkel. Es war Wasser, ich trieb in Wasser, nein ich trieb unter Wasser.
Unter mir die Gesichter und fast leblosen Körper der anderen Passagiere.
Die Maru war also gesunken.
Ja, es hatte einen schweren Taifun gegeben, nichts Ungewöhnliches im September.
Und das Schiff war gesunken, mit über tausend Mann Besatzung und Passagieren. Alle fanden den Tod.
Auf einmal sah ich sie, Suzu und Nanami. Meine wunderschöne Morgenröte und meine engelsgleiche Tochter, welche in der Nacht vor meiner Abreise gezeugt worden war.
Jetzt schloss sich der Kreis und ich für immer meine Augen.
Dankbar schwebten die Gesichter der anderen Passagiere vor mir. Heute war der 22. September 1912 und ich starb auf einem Schiff, das niemals in einem Schiffsverzeichnis zu finden sein würde, bei einem Unglück, das in keiner Chronik aufgezeichnet sein würde. Aber ich wusste jetzt darum und ich würde die Geschichte, ihre Geschichte, erzählen.