Ah, da war er. Endlich!
Nicht das es unbequem in diesem Sessel am dunklen Fenster war, aber sie wartete nun bereits fast vier Stunden auf ihn.
Wie immer war er, ohne das Licht im Treppenhaus anzumachen, in die 4. Etage gelaufen. Auch nutzte er den Fahrstuhl nicht mehr.
Ja, da war er etwas unleidlich gewesen, als sie ihn im Fahrstuhl überrascht hatte. Leider hatte sie nicht in Erfahrung bringen können, warum er an diesem Tag so schlechte Laune hatte. Immerhin hatte sie ihn nur mit einem Mantel bekleidet und in ihren besten Dessous begrüßt. Und sie war auch extra in den Laden gegangen, in welchen er immer mit seinen aktuellen Freundinnen ging, um sie einzukleiden. Sogar seine Lieblingsfarbe, königsblau, hatte sie ausgesucht.
Nun ja, seitdem waren ein paar Wochen vergangen und sie hatte ihm verziehen. Sie hatte ihm so sehr verziehen, dass sie in die Wohnung direkt gegenüber gezogen war. Mit ihrem Fernglas konnte sie jede seiner Bewegungen beobachten.
Nachdem er seine Wohnung sorgfältig verschlossen und gesichert hatte, begann er sich im Lichtschein seiner Stehlampe auszuziehen.
Ja, darauf hatte sie gewartet.
Sie hoffte, dass sie morgen die neue Videokamera bekam, die sie vor 3 Tagen bestellt hatte. Dann könnte sie das aufnehmen und sich immer anschauen, wenn die Sehnsucht nach ihm zu groß war.
Sie war jetzt schon so lange Bestandteil seines Lebens und er gehörte ihr, das hatte sie seiner letzten Freundin auch in den Leib geprügelt.
Na gut, da war sie ein bisschen wütend geworden. Doch er war ihr Eigentum und diese Schlampe hatte sich daran vergriffen.
Diese dreckige Nutte war nicht ganz so leicht zu vertreiben gewesen, wie die anderen. Für die hatten mal zerstochene Autoreifen, eine Ratte auf dem Fußabtreter oder Buttersäure im Briefkasten mit jeweils einer entsprechenden Nachricht genügt.
Bei dieser Fotze waren härtere Maßnahmen nötig gewesen. So hatte sie dann mit Telefonterror, teils mitten in der Nacht, anfangen müssen und den Arbeitgeber dieser Missgeburt konnte sie dazu bringen, sie zu feuern. Aber als das alles nichts half, musste sie ihr eben ihr hässliche Visage zertrümmern.
Oh, das war regelrecht befreiend, als dieser Schlampe die Nase brach und sie wimmernd vor ihr lag.
Kurz überlegte sie, ob sie einen Blumenstrauß ins Krankenhaus schicken sollte, doch dann konzentrierte sie sich wieder auf ihn.
Sein nackter Oberkörper ließ sie ihre Hände über ihren eigenen Körper gleiten.
Oh ja, bald, sehr bald schon würde er sie nehmen oder noch besser, sie ihn.
Dann verschwand er ins Bad um zu duschen und verschloss die Tür.
Kichernd drehte sie sich in den dunklen Raum. Die Wände waren bedeckt mit Bilder von ihm. Auf den Köpfen der anderen Frauen hatte sie ihren eigenen Kopf geklebt, gerade so als hätte sie Sex mit ihm.
Ihr Blick wurde allerdings von dem 65 Zoll Fernseher angezogen.
Schnell schloss sie die blickdichten Übergardinen ihrer Fenster, schaltete den Fernseher an und befriedigte sich selbst, als sie ihn live beim Duschen beobachtete.
Als er schlief, arbeitete sie weiter an ihrem Plan und werkelte weiter an dem Käfig im Nachbarzimmer.
Bald schon würde er bei ihr sein.
„Wie meinen Sie das, machen Sie weiter wie bisher?“ fragte Bastian den Hauptkommissar geschockt. „Tabea wurde brutal zusammengeschlagen und einfach liegen gelassen. Und dieses Monster soll davon kommen?“
„Nein, Herr Steffens, sie kommt nicht davon. Doch die Beweislage in der Körperverletzung von Frau Hinrichs ist aktuell sehr dürftig. Dafür haben wir eindeutige Hinweise, dass die vermeintliche Täterin vorhat, Sie zu entführen.“ versuchte der Polizist zu erklären.
„Ich versteh gar nichts mehr!“ fassungslos setzte sich Bastian wieder hin.
„Sie wissen ja, dass wir mit Hilfe der Fangschaltung die Täterin hätten ermitteln können. Leider gab es damals die aktuellen Stalking-Gesetze noch nicht und so wurde da nicht daraus. Bei Frau Hinrichs Überfall konnten wir Fingerabdrücke von der Verdächtigen sichern. Da Tabea jedoch die Angreiferin nicht sehen konnte, weil sie vermummt war, reichen die Fingerabdrücke als Beweismittel nicht aus. Der von Ihnen engagierte Privatdetektiv hat nun aber festgestellt, dass die Unbekannte große Mengen an Holzleisten, Metallstäube, Ketten und verschiedene Schlösser kauft. Er vermutet aufgrund der Beschaffenheit und Menge, dass sie Sie entführen will und dafür eine Art Käfig baut. Wenn Sie also so tun, als würden Sie sich von Tabea trennen und ihr Leben ganz normal weiterleben, könnten wir die Täterin auf frischer Tat erwischen, direkt bei dem Entführungsversuch an Ihnen.“
Bastian schüttelte wiederwillig den Kopf. Seit fünf Jahren war er ein Stalking-Opfer und keiner hatte helfen können. Nun lag die Frau, die er liebte, schwer verletzt im Krankenhaus, weil so eine durchgeknallte Hexe über sein Leben bestimmen wollte.
Heute war es so weit, noch hatte er sie nicht bemerkt.
Ihr Puls begann zu rasen. Ihre Gier nach ihm ließ ihre Finger zittern.
Oh ja, er würde ab heute nur noch ihr gehören. Sie würde ihm das Leben schenken, was er sich wünschte.
Heute würde sie ihn für immer von seinen Lasten befreien.
Die Polizei war sich sicher, heute war es soweit. Hoffentlich hatte sie die Polizisten, die ihn überwachten, nicht bemerkt.
Sein Puls begann zu rasen.
Heute würde er für immer von ihr befreit.